Kurze Einführung in die Vererbung und Genetik beim Bordercollie

Die Genetik ist ein Thema, mit dem man ohne Probleme ganze Bücher füllen kann. An dieser Stelle kann natürlich nur eine kurze Einführung in die wichtigsten Begriffe gegeben werden, der Schwerpunkt liegt dabei auf der Farbvererbung. Es soll versucht werden, die Begriffe anhand von praktischen Beispielen zu erläutern.

Was ist ein Chromosom, was ein Gen?

Chromosomen sind die Träger des Erbgutes, welches von den Elterntieren an die Welpen weitergegeben wird. Chromosomen treten als Paare auf, jedes Paar befindet sich in einem Zellkern (jedes Lebewesen besteht aus Zellen). Bei der Befruchtung verschmelzen die männlichen und weiblichen Eizellen, jede davon enthält zwar den durch die Reduktionsteilung lediglich einfach auftauchenden Chromosomensatz, dieser ist aber vollständig, so dass sowohl die Merkmale des Vaters als auch der Mutter enthalten sind. Es bildet sich wieder ein Chromosomenpaar. Auf jedem einzelnen Chromosom dieses Chromosomenpaares liegen die beiden sogenannten allelen Gene, die verschiedene Formen der selben Erbinformation tragen. Dies soll ein Beispiel verdeutlichen:
Es verbinden sich immer solche Chromosomen, die identische Erbinformationen (Gene), also z.B. Fellfarbe, tragen. Da es unterschiedliche Farbvarietäten gibt, hängt es von den Eigenschaften der Gene ab, welche Farbe sich durchsetzt. Hier kommen zwei weitere Begriffe ins Spiel:

Homozygote und heterozygote Gene

Nehmen wir an, beide Elterntiere zeigen in ihrem Phänotyp (äußeres Erscheinungsbild) schwarz-weiße Farbe und ihr Genotyp (vorhandene Gene, die nicht unbedingt äußerlich sichtbar sein müssen) besteht ebenfalls nur aus schwarz und weiß. Dann können die aus dieser Verpaarung entstehenden Welpen ausschließlich schwarz-weiß sein, dies bezeichnet man als homozygot (reinerbig). Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass ein Elterntier rot-weiß ist. Trifft nun ein schwarz-weißes Gen auf ein rot-weißes, so ist die Fellfarbe dennoch schwarz-weiß, aber es handelt sich bei dem entstehenden Paar um ein mischerbiges, also heterozygotes, da unterschiedliche Informationen enthalten sind, nämlich schwarz-weiß und rot-weiß. Warum nun schwarz-weiß sichtbar ist, erklärt sich aus den folgenden zwei Begriffen:

Dominante und rezessive Gene

Wie schon gesagt, erscheint von den unterschiedlichen Genen nur eines im äußeren Erscheinungsbild, nämlich das schwarz-weiße Gen. Dieses Gen, welches sich im Phänotyp zeigt, bezeichnet man als dominantes Gen, also das solche, welches das andere überdeckt. Das rezessive Gen, also das, welches von dem dominanten überdeckt wird, kann sich nur im Phänotyp zeigen, wenn sich zwei rezessive Gene für dasselbe Merkmal auf dem Chromosomenpaar befinden. Beispiel: Ein schwarz-weißer Rüde, der rote Gene trägt, also mischerbig ist, wird mit einer roten Hündin verpaart. Das rote Gen liegt doppelt vor und somit können rote Welpen entstehen.

Natürlich ist der Erbgang hier aus Gründen der Anschaulichkeit vereinfacht dargestellt. Noch immer sind nicht alle Arten der Vererbung erklärbar, es kommt immer wieder zu Überraschungen, was die Zucht ja auch sehr interessant macht. Zu beachten ist, dass rezessive Gene über mehrere Generationen verdeckt bleiben können, was für die Vererbung etwa von Krankheiten sehr tückisch ist. Man kann über Jahre hinweg gesunde Hunde züchten, ohne zu wissen, dass der eigene Hund vielleicht ein defektes Gen trägt, und auf einmal gerät man an einen Zuchtpartner, der dieses Gen ebenfalls trägt. So kann sich dann eine Krankheit urplötzlich zeigen.

Farbvererbung beim Border Collie

Nun soll nochmal auf die Farbvererbung eingegangen werden. Das typische äußere Erscheinungsbild des Border Collie ist schwarz-weiß. Allerdings sind noch zahlreiche andere Farben erlaubt. Folgende Übersicht zeigt die Farben und ihre Vererbung:

schwarz-weiß: dominant
rot-weiß: rezessiv geg. schwarz-weiß
blau-weiß: rezessiv geg. schwarz-weiß
bluemerle: dominant geg. schwarz-weiß
redmerle: dominant geg. schwarz-weiß
sable: rezessiv geg. schwarz-weiß

Das merle-Gen stellt eine Besonderheit dar, weil es sich dominant geg. schwarz-weiß verhält. Nun könnte man sich fragen, warum aus einer Verpaarung von einem schwarz-weißen mit einem merle-Hund auch schwarze Hunde resultieren. Dies liegt daran, dass merlefarbene Hunde ein zugehöriges rezessives Gen haben, dass im Falle des Aufeinandertreffens von schwarz-schwarz eben wieder schwarz-weiße Hunde hervorbringt.

Interessant zu erwähnen ist, dass kurioserweise viele erwünschte Eigenschaften des Border Collie rezessiv vererbt werden, so etwa die langhaarige Fellvarietät (es gibt bekannterweise auch kurzhaarige Border Collies) oder das aufrecht getragene Ohr (Hängeohren vererben sich dominant!). An diesen Beispielen kann man sehr gut erkennen, wie vielschichtig die Zucht von Hunden ist und wie sorgfältig man als verantwortungsvoller Züchter die Zucht planen muss.

Entgegen früherer Annahmen vererben sich Rüde und Hündin zu etwa 50%, so dass beide Zuchttiere von hoher Qualität sein müssen. Ein guter Hund kann nur bedingt die Fehler des Zuchtpartners ausgleichen. In der Praxis macht man sich das Wissen über vorhandene Gene der Zuchttiere zu Nutze. Möchte man eine bestimmte Eigenschaft ausprägen, wird man einen Zuchtpartner suchen, der verstärkt das gewünschte Merkmal hat, etwa Hütetrieb, langes Fell oder ähnliches. Resultierend aus diesem Wissen haben sich drei Zuchtmethoden herausgebildet, die angewendet werden:

Linienzucht, Inzucht, Outcross

Als Linienzucht bezeichnet man, wenn Tiere bis zu einem gewissen Grade verwandt sind, etwa das Verpaaren von Großvater mit Enkeltochter, Neffe mit Tante usw. Der Vorteil hier ist, dass vorhandene Merkmale, die durch die gemeinsamen Vorfahren existent sind, herausgearbeitet werden können. Natürlich treten hier auch die negativen Eigenschaften ans Tageslicht, so dass man sehr sorgfältig abwägen sollte, ob die zu erwartenden Vorteile die Nachteile aufwiegen oder besser übertreffen, nur
dann macht dies Sinn.
Von Inzucht spricht man, wenn man sehr eng verwandte Hunde, also etwa Bruder und Schwester, Vater und Tochter usw. verpaart. Auf Inzucht sollte man verzichten, da aus solchen Verpaarungen häufig mißgebildete oder gestörte Hunde entstehen. Die Erlaubnis des Zuchtverbandes ist bei solchen Verpaarungen vorher unbedingt einzuholen.
Unter Outcross (Auskreuzung) versteht man, wenn man zwei Hunde verpaart, die über viele Generationen keine gemeinsamen Vorfahren haben. Häufig sind solche Paarungen ein Roulettespiel, da man sehr schwer einschätzen kann, was für ein Resultat man erzielt. Dennoch scheint es, als ob aus solchen Verpaarungen die gesunden, robusten Tiere hervorgehen. In jedem Fall sollte man, bevor man züchtet, sehr genaue Informationen über beide Elterntiere einholen und nur mit qualitativ hochwertigen Hunden züchten, um die Qualität der Eltern möglichst zu übertreffen und somit die Rasse weiter zu bringen.

An dieser Stelle sei die kurze Einführung in die Genetik beendet. Empfehlenswerte Bücher, die weit über das hier Gesagte hinausgehen, finden Sie unter dem Menüpunkt Buchtipps!

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